Wednesday, February 19, 2014

Tote und Verletzte in Kiew (bis 23.2.2014)

Polizei und Demonstranten stehen sich auf dem Maidan gegenüber

Janukowitsch droht Klitschko nach blutiger Nacht (FAZ)

  
Sicherheitskräfte und Demonstranten haben sich [in der Nacht zum Mi] in Kiew Straßenschlachten geliefert, mehr als zwei Dutzend Menschen wurden getötet.

Vorgeschichte:
Die Ukraine wird seit etwa drei Monaten von einem Machtkampf gelähmt. Die Opposition protestiert gegen Janukowitsch, seit der Präsident auf Druck Russlands am 21.11. 2013 ein weitreichendes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt hatte. Seitdem halten oppositionelle Demonstranten den Maidan besetzt. Die Opposition verlangt Neuwahlen und eine neue Verfassung, die die Vollmachten des Präsidenten erheblich zugunsten des Parlaments beschneidet.
Ende Januar 2014 war Ministerpräsident Nikolai Asarow zurückgetreten. Das restliche Kabinett blieb geschäftsführend im Amt.


Marina Weisband (26) von den Piraten auf dem Maidan in Kiew (SPON)

Da waren Nationalisten, Ultralinke, Rentner.

... fast jeder zweite auf dem Maidan ist maskiert und trägt improvisierte Schutzkleidung. Die rüsten sich so auf, weil ihnen hochgerüstete Polizeitruppen mit Kalaschnikows gegenüberstehen, die für eine autoritäre Regierung arbeiten.

Die Leute auf dem Platz sind ... in verschiedene Gruppen gespalten, es gibt keine gemeinsame Diskussion, wie es weitergeht.

Es gibt zwei große Fraktionen. Da sind die Oppositionsparteien und da ist die unabhängige Bürgerbewegung, die zunächst gar mit dem Motto "Maidan ohne Politik" aufgetreten ist. Von denen glauben die meisten, die Oppositionsparteien würden sich genauso korrupt wie die jetzige Regierung verhalten, kämen sie an die Macht.  

Die Leute sind gegen Korruption auf der Straße und nicht für oder gegen eine Partei. 

... das russische Fernsehen, was vor allem im Osten der Ukraine geguckt wird, verbreitet, dass auf dem Maidan vor allem Nationalisten und Hitler-Kollaborateure seien. Es wird gezielt mit Desinformation gearbeitet. 

Do 20.2.1914 Scharfschützen töten unbewaffnete Demonstranten


Scharfschützen unklarer Zugehörigkeit richten in den Morgenstunden in der Institutia Strasse ein Massaker unter unbewaffneten Demonstranten an.
https://www.youtube.com/watch?v=oI4udDv_pXg
https://www.youtube.com/watch?v=4HLqGhD73tk

Fr 21.02.2014: Abkommen unterzeichnet aber auf dem Maidan verworfen

Standard & Poor's stuft die Bonität der Ukraine auf "CCC" mit negativem Ausblick herab. Die letzte Note vor "D", wie Default. 

Die Ukraine stoppt die Ausgabe von fünfjährigen Anleihen im Volumen von zwei Milliarden Dollar. Die Regierung hatte gehofft, dass Russland die Papiere kauft und so hilft, einen Staatsbankrott abzuwenden.

Präsident Janukowitsch und Vertreter der Opposition (Vitali Klitschko, Arensi Jazenjuk und Olej Tjahnybok) haben nach stundenlangen Verhandlungen im Präsidentenpalast in Kiew, der einer belagerten Festung gleicht, ein Abkommen unterzeichnet, das die Ukraine befrieden soll. An diesen Verhandlungen nahmen auch die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen und der russische Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin als Vermittler teil (oder nur die Aussenminister von Deutschland und Polen, Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Radoslaw Sikorski?).  
  • Sofortige Rückkehr zur Verfassung von 2004 (=Beschneidung der Vollmachten des Präsidenten.)
  • Bildung einer Übergangsregierung innerhalb von zehn Tagen
  • Reform der Verfassung bis September 2014
  • Neuwahlen bis spätestens Dezember 2014
  • Die Konfliktparteien verpflichten sich zu einem Ende der Gewalt
Das ukrainische Parlament hat für die Absetzung des geschäftsführenden Innenministers Witali
Sachartschenko (51, Innenminister seit 2011) gestimmt.
Sachartschenko wird für die brutalen Polizeieinsätze verantwortlich gemacht. Er soll, in Kiew kursierenden Gerüchten zufolge, ins benachbarte Weißrussland geflohen sein.

Vitali Klitschko besucht nach der Unterzeichnung des Abkommens am Freitagabend den Majdan besucht um dem Volk Rede und Antwort zu stehen. Er wird von der Menge ausgebuht und als Verräter beschimpft. Dass Janukowitsch, ein Mann mit Blut an den Händen noch bis Dezember im Amt bleiben soll war für den Majdan inakzeptabel. Der Majdan feierte danach andere Redner und Hundertschaftsführer, die das Kompromissangebot an Janukowitsch verdammten und für den Samstag zum bewaffneten Sturm auf den Präsidentenpalast aufriefen.

Sa 22.02.2014 Präsident Janukowitsch setzt sich ab und wird abgesetzt

(FAZ)

Präsident Viktor Janukowitsch hat zusammen mit einigen Polizeieinheiten über Nacht die Hauptstadt Kiew fluchtartig verlassen.
  • Die Polizei hatte in den vergangenen Tagen gleich kompanieweise die Waffen gestreckt. Immer wieder wurden ganze Einheiten, vor allem Männer des „Inneren Heeres“, einer Art kasernierter Polizei aus Wehrpflichtigen, ohne jeden Widerstand von den Hundertschaften der Revolution festgenommen.
  • Janukowitsch hatte die Unterstützung mächtiger Oligarchen und damit die Kontrolle über seine Partei der Regionen, die von diesen kontrolliert wird, verloren.
    Bei einer Abstimmung im Parlament erlitt er die erste Niederlage, und es fiel auf, dass zu den Abgeordneten seines Lagers, die zur Opposition überliefen, auch ein enger Geschäftspartner des Stahlbarons Rinat Achmetow gehörte – des unumschränkten Herren des Kohle- und Hüttengebiets Donbass, unter dessen Fittichen Janukowitsch als regionaler Gouverneur in den neunziger Jahren seinen politischen Aufstieg begonnen hat. Ob und warum Achmetow seine schützende Hand von seinem Ziehsohn Janukowitsch zurückgezogen hat, ist zwar nicht konkret bekannt. Dass der Multimilliardär aber Grund dazu hatte, ist unbestritten, da die wirtschaftliche Talfahrt, in die Janukowitsch die Ukraine seit seinem Amtsantritt geführt hat, auch seine Geschäfte in Gefahr bringt.
Das ukrainische Parlament erklärt Präsident Janukowitsch für abgesetzt da er sein Amt nicht ausübe und sich widerrechtlich Vollmachten angeeignet habe und setzt die Neuwahl für den 25. Mai an.

Kiew ist nicht wiederzuerkennen. Aus der verbarrikadierten Innenstadt, wo in den vergangenen Tagen paramilitärisch organisierte Einheiten von Regimegegnern gegen die Sonderpolizei Berkut um jeden Quadratmeter gekämpft haben, ist die Staatsgewalt verschwunden. Die Polizeikordons sind weg, der beißende Qualm brennender Autoreifen hängt nicht mehr in der Luft.Die Menschen auf dem Maidan brauchen die Scharfschützen, welche sie aus dem Hinterhalt aufs Korn nahmen, nicht mehr zu fürchten. Insgesamt waren etwa 130 Demonstranten getötet worden, 100 davon auf dem Maidan davon wiederum 60 allein am 19. und 20.2.

Frühmorgens am Samstag sind die Revolutionäre  in Janukowitschs legendärer Privatsitz Meschihirija widerstandslos einmarschiert. Das ist ein ein viele Hektar großes Lustgrundstück am Kiewer Meer, einem Stausee am Dnjepr nördlich der Hauptstadt, mit einer künstlichen Tempelruine, einem Hubschrauberlandeplatz und einer Hafenbar aus Edelholz in Form einer spanischen Galleone. Meschihirija mit seinen haushohen Sperrzäunen und seiner kompletten Abschirmung, ist seit Langem das wichtigste Symbol für die schamlose Selbstbereicherung, die Janukowitsch und seine Familie in den vergangenen Jahren betrieben haben ...
 Gegen Mittag sind die herrlichen Parks des Präsidenten dann voll gewesen von Menschen in gelöster Feierstimmung.

Parlamentspräsident Wladimir Rybak tritt zurück. Zum Nachfolger wird mit großer Mehrheit der frühere stellvertretende Ministerpräsident Alexander Turtschinow (49) gewählt. Turtschinow hatte einst gemeinsam mit Julija Timoschenko die Vaterlandspartei (Batkiwschtschina) gegründet.
Arsen Awakow, ein weiterer Vertrauter der inhaftierten früheren Ministerpräsidentin Julija Timoschenko, wird zum neuen Innenminister gewählt. 

(FAZ)

Die frühere Regierungschefin und Oppositionsführerin Julija Timoschenko ist wieder in Freiheit und kündigt an, bei der Präsidentenwahl kandidieren zu wollen. Nach einem Auftritt in einem von Akhmetov kontrollierten Fernsehsender reist sie von Charkow nach Kiew. Sie fordert eine Bestrafung der für den Tod von Demonstranten verantwortlichen Täter und erklärt, dass sie sicher sei, dass die Ukraine in naher Zukunft der EU beitreten werde. In einer emotionalen Ansprache vor Tausenden von Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz, bei der sie wegen ihres Rückenleidens in einem Rollstuhl sitzt, ruft sie zur Fortsetzung der Proteste auf.

So 23.2.2014: Russland stoppt Finanzhilfe

Russland setzt die für die Ukraine geplanten finanziellen Hilfen vorerst aus. Zunächst müsse es eine neue Regierung geben, sagte Finanzminister Anton Siluanow am Sonntag bei dem G20-Treffen in Sydney. Eigentlich wollte Russland für zwei Milliarden Dollar ukrainische Anleihen kaufen. Es wäre die zweite Tranche eines insgesamt 15 Milliarden Dollar umfassenden Hilfspakets gewesen.

Der gerade gewählte Parlamentspräsident  Alexander Turtschinow, ein Vertrauter der früheren Ministerpräsidentin Julija Timoschenko, wird nun auch zum Übergangspräsidenten des Landes gewählt. 

Julija Timoschenko lehnt eine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten, das sie bereits 2 Mal bekleidet hat, ab.

Das ukrainische Parlament hat mit 232 gegen 37 Stimmen ein  Gesetz von 2012 aufgehoben, dass in Regionen mit einer großen nationalen Minderheit gestattete, mit  den Behörden offiziell in deren Sprache zu kommunizieren. In zahlreichen Regionen im Osten  und Süden des Landes durften Bürger neben Ukrainisch auch Russisch verwenden. Voraussetzung war, dass mindestens zehn Prozent der Bewohner dieser nationalen Minderheit angehören. Das Gesetz  war ein Wahlversprechen Viktor Janukowitschs gewesen. 2013 hatten 29 Prozent der Ukrainer in  einer Umfrage Russisch als Muttersprache angegeben. 

 


Die oben angegebene Sprachverteilung ist falsch!
Hier die richtige (Nur auf der Krim gibt es eine russisch-sprachige Mehrheit!):






No comments:

Post a Comment